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Hagebutte

Die Hagebutte ist die Frucht der Rosen, allem voran der wild wachsenden, sogenannten «Hundsrose», botanisch Rosa Canina genannt. Genauer genommen ist sie eine fleischige Sammelfrucht, die viele kleine, weisse Nüsse enthält. Diese in Mitteleuropa am häufigsten vorkommende Wildrosenart ist extrem winterhart und allgemein als (hunds-)gemeine bzw. gewöhnliche Rose bekannt. «Hund» soll hier nicht abwertend erscheinen, sondern darauf hindeuten, dass die Rose überall wächst und nicht kleinzukriegen ist. Sehr wahrscheinlich erhielt die Rosa Canina auch deshalb den umgangsprachlichen Namen Hundsrose, weil sie als Heilmittel gegen Tollwut, oft gemeinhin Hundswut genannt, bekannt war. Ein berühmtes und sehr altes Exemplar der Hundsrose ist der sogenannte «Tausendjährige Rosenstock» im niedersächsischen Hildesheim.

 

Der Ursprung des alten Wortteils «Butte» ist leider nicht bekannt, doch er könnte mit dem Begriff «Butzen» für Kerngehäuse zusammenhängen, wie es in Äpfeln und Birnen vorkommt. Der Wortteil «Hage» wiederum stammt vom althochdeutschen «hagan» ab, was Dornstrauch bedeutet, wovon sich aber auch schlicht das Verb «einhegen» oder «Hag» für ein einfriedendes, von Hecken umzäunendes Gelände ableiten lässt. Die Grösse und der Wuchs der Rosa Canina sind dafür ideal. Mit Hagebutte war lange nicht nur die Frucht gemeint, sondern ebenso der Rosenstrauch selbst. Deshalb findet man im germanischen Sprachraum zahlreiche regionale und mundartliche Bezeichnungen für sie: Hagebutze, Haneputtchen, Buddeln, Bottel, Hahnedorn, Hambutten, Jöbke oder Jeepkes.

 

Im Gegensatz zum allgemeinen Sprachgebrauch besitzt die Rose zwar keine Dornen, sondern Stacheln, dies jedoch in einer Vielzahl teils grosser, dünner und äusserst spitzer Variation – schon leichte Kratzer oder Schnitte sind schmerzhaft und hinterlassen tückische Wunden (beim Pflücken unbedingt Rosenhandschuhe tragen!). Dank ihren zähen Stacheln hält sie folglich viele Eindringlinge von sich und Grundstücken fern, blüht in beeindruckender Fülle und kann wortwörtlich unberührt ihre üppigen Hagebutten ausbilden. Weil sich die stachelige Rosa Canina ausserdem bestens als Bodenfestiger an Hängen und Halden eignet und gut an Strassen- und Wegrändern, auf Weiden oder an Waldsäumen gedeiht, wurde sie vor allem früher gerne zur Begrenzung und zum Schutz gepflanzt. Noch heute gilt sie als Klassiker unter den Heckenrosen und wird vielerorts verwendet. Fazit: Die Wildrose schützt, ist eine blühende Augenweide und liefert überdies reichhaltig Früchte – was will man von einer Pflanze noch mehr. 

 

Wildrosen sind ursprüngliche Rosen, so, wie sie die Natur entstehen liess. Das heisst, sie wurden nicht vom Menschen erschaffen, der mit seinem Bestreben, ständig zu verändern und immer mehr zu erlangen, auch immer mehr Sorten mit exquisiteren Eigenschaften hervorgebracht hat. Alle Wildrosenarten sind die Basis für die Züchtung heutiger als auch künftiger Rosensorten. Es gibt viele wilde Rosen, über hundert Arten sind bekannt, und sie sind leicht zu erkennen: Wildrosen weisen einfache bzw. ungefüllte, fünfblätterige Blüten auf – alle bis auf eine einzige: die Stacheldrahtrose. Sie besitzt lediglich vier Kronblätter, die wie bei allen anderen gleich gross und schalenförmig sind. In der freien Natur kommen Wildrosen überall auf der Nordhalbkugel vor, weshalb sie nach europäischer, asiatischer oder nordamerikanischer Herkunft unterschieden werden. 

Die Blütezeit der Hagebutte findet für gewöhnlich im Juni statt. Die fünfblätterigen, hauptsächlich weissen oder rosa Blüten öffnen sich zu einer Schale, allerdings nicht alle gleichzeitig, sondern nach und nach, wobei sie einmal geöffnet nur wenige Tage blühen. Die modernen, üppig gefüllten (Garten-)Rosen blühen meist mehrmals im Jahr, die Wildarten hingegen nur einmal in der Saison. Dann dafür in einem Ausmass, das jedes Herz höherschlagen lässt. Ausserdem bezaubern sie mit ihrem ebenso ursprünglich rosentypischen, pudrig-zarten Duft.

 

Die Sträucher liefern vielen Insekten, vor allem Bienen, wertvolle Nahrung. Die essbaren Hagebutten reifen erst spät im Oktober oder November, bleiben häufig bis zum Frühling am Strauch hängen und sind dadurch auch eine wertvolle Winternahrung für Standvögel. Ausserdem können sie in ihren dichten Zweigen geschützt brüten und auch Igeln und anderen Kleintieren bietet der Strauch sicheren Unterschlupf. Die Hagebutten können ohne Weiteres auch nach dem Durchfrieren bis ins Frühjahr des Folgejahres hinein geerntet werden. Sie verderben nicht und büssen ebenso wenig an Frische ein. Das knallrote Fruchtfleisch – übrigens ein Indiz, dass viele Antioxidantien drinstecken – der im Spätherbst reifen Hagebutte kann roh gegessen werden, schmeckt süsssauer und ist reich an Vitaminen. Das Besondere ist ihr extrem hoher Gehalt an Vitamin C. Ja, die Hagebutte ist gar die Königin des Vitamin C unter allen heimischen Früchten und Beeren!

 

Seit Jahrhunderten werden die Früchte der gemeinen Heckenrose für unterschiedlichste medizinische Zwecke verwendet: von Appetitlosigkeit über Arthrose bis zu Harnwegserkrankungen. Hagebutten wirken entzündungshemmend und blutdruckregulierend, sie stärken das Immunsystem und senken das LDL-Cholesterol. 

 

Die Rosa Canina eignet sich hervorragend für naturnahe Gärten: Man muss sie nicht düngen und nur selten giessen. Sie benötigt weder einen regelmässigen Schnitt noch muss sie im Winter vor der Kälte geschützt werden. Die Hundsrose ist sehr robust. Sie bevorzugt sonnige bis halbschattige bzw. sogenannte «absonnige» Standorte. Im lichten Schatten wird sie häufig größer als in der prallen Sonne. 

 

P. S. Die weissen Nüsse in der Butte sind mit feinen Widerhaken übersäht, die bei Hautkontakt Juckreiz hervorrufen. Daher sollten sie nicht mitgegessen oder -verarbeitet werden.

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