Kräuter
Schon in der frühen Geschichte wussten Menschen über Kräuter und ihre Verwendung Bescheid. Erst wurden die wildwachsenden Pflanzen in der freien Natur gesammelt, ehe der Mensch sesshaft wurde und Kräuter in Gärten anlegte. Dabei verwendeten sie sie nicht nur zum Würzen von Speisen oder als Raumduft, sondern auch zur Heilung oder für gesellschaftliche und religiöse Zeremonien. Neben heimischen Kräutern gesellten sich nach und nach auch Sorten verschiedener fremder Länder hinzu, die allesamt von Legionären und Mönchen von ihren fernen Reisen und Beauftragungen mitgebracht wurden.
Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Menschen bereits in der Altsteinzeit vor rund 50'000 Jahren herausgefunden hatten, dass mit Kräutern verfeinerte Speisen besonders schmackhaft sind. In Mittelamerika würzte man die Speisen bereits 7'000 vor Christus mit verschiedenen Sorten wilden Chilipfeffers.
Auch die alten Griechen kannten die Heilkraft von Kräutern und widmeten fast jedes Kraut einem ihrer Götter. Majoran, Rosmarin und Thymian wurden beispielsweise der Aphrodite zugeschrieben. Überdies verweist der Arzt Hippokrates um 460 bis 375 vor Christus in seinen Aufzeichnungen auf ein grosses Heilkräuter-Pflanzensortiment.
Mönche und Nonnen verfügten über die fundiertesten Kenntnisse von Kräutern und ihrer Heilwirkung. Vor allem Mönche galten lange Zeit als die kundigsten Kräutergelehrten, da die abendländische Kräuterheilkunde vom sechsten bis zwölften Jahrhundert vor allem von ihnen ausgeübt wurde. Klöster waren gemeinhin als Heilstätten bekannt, zugänglich nicht nur für Ordensmitglieder, sondern auch für Reisende und die naheliegende Bevölkerung. Demnach nannte man die frühere Naturheilkunde auch «Klostermedizin». Die Geistlichen kultivierten, verarbeiteten und studierten die Kräuterpflanzen und ihre Wirkungen akribisch, führten Buch und lehrten über sie, so dass die Gärten der Klöster während vieler Jahrhunderte sowohl in der Kräuterkunde als auch in der Medizin dominierten. Erst ab dem vierzehnten Jahrhundert beschäftigten sich auch Pharmazeuten, Mediziner und Botaniker mit Kräuterpflanzen und ihrer Heilwirkung. Die Kultur der Klostergärten verfiel allmählich.
Einer heilkundigen Frau der frühen Neuzeit wurde das Wissen um Heilkräuter hingegen zum Verhängnis. Sie landete nicht selten als Hexe auf dem Scheiterhaufen.
Neben Hildegard von Bingen trugen auch die Bücher von Petrus Andreas Mathiolus, Jacobus Theodorus Tabernaermontanus, Hieronymus Bock, Leonhard Fuchs und Otho Brunfels dazu bei, dass immer mehr Heilkräuter in Bürger- und Bauerngärten Einzug fanden.
Ab Beginn des industriellen Zeitalters verloren Kräutergärten immer mehr an Bedeutung. Nicht nur wurden sie auf einmal als «Freizeitbeschäftigung einer Oma» und altbacken betrachtet; es erhöhten sich wegen des steigenden Platzbedarfs auch die Grundstückspreise – die Gärten mussten dem Grossandrang immer mehr weichen. Ausserdem war es dem Bürgertum neuerdings genehmer, die kleinen Gärten mit dekorativen Blumen auszustatten, statt sich dem Anbau und der Pflege von Kräutern zu widmen.
Heute nehmen Kräutergärten erfreulicherweise wieder zu, da mehr Wert auf eine natürliche, gesunde Ernährung und Lebensweise gelegt wird.