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Trauben

Diva und Amazone zugleich. Obschon die Weintraube einerseits kapriziös, anspruchsvoll und in gewisser Weise empfindlich ist sowie optimale Lagen und Bedingungen als auch viel Pflege benötigt, kann sie andererseits überraschend anspruchslos, zäh und ausdauernd sein.
 

Der Name Traube stammt ursprünglich vom mittelhochdeutschen Begriff «trube» ab, was Bündel oder Haufen bedeutet und auf die Ansammlung vieler Beeren hindeutet, sowie noch weiter zurückreicht zum Althochdeutschen «thrupo», stehend für Truppe oder Kriegshaufen. Aus botanischer Sicht sind die Blüten- und Fruchtstände jedoch Rispen oder Trugdolde und keine Trauben – die Früchte selbst bzw. die einzelnen Tauben hängen zu mehreren eng beisammen an den Rispen. Die grünen und gelben Trauben werden in «weisse» und die rotvioletten bis dunkelblauen in «rote» Sorten eingeteilt.

​In der Landwirtschaft wird ferner zwischen Wein- und Tafeltrauben unterschieden. Weintrauben werden für die Herstellung von Wein verwendet, da an sie andere Anforderungen gestellt werden. Tafeltrauben gehören zwar auch den Weintrauben an, doch sind sie hingegen für den direkten Verzehr gedacht. Deshalb sind sie grösser und süsser, während Weintrauben kleiner, fester und saurer sind sowie meist viele Kerne enthalten (ideal für den Weinbau). Wer es besonders süss mag, trifft mit den dunkelblauen bis violetten Sorten eine gute Wahl, da ihr dunkles Fruchtfleisch weniger sauer ist als dasjenige von grünen Beeren.

Die Weinrebe, eine Kletterkünstlerin, zählt zu den ältesten Kulturpflanzen der Menschheit. Wilde Weintrauben wachsen seit 80 Millionen Jahren, wobei die heutigen Beeren nicht mehr mit jenen ihrer Urrebe verglichen werden können. In all den Millionen Jahren veränderte sich das Klima abermals. Eiszeiten löschten uralte Rebsorten aus, Warmzeiten brachten neue hervor. Bevor der Mensch schliesslich eingriff und die Weintrauben kultivierte, hatten bereits Vögel und Säugetiere in den Wäldern ihre Lieblingsreben entdeckt und für eine natürliche Sortenselektion gesorgt.
 

Der Beginn der Weinkulturgeschichte ist noch nicht genau geklärt​, doch sehr wahrscheinlich wurden Reben erstmals im Nahen Osten vor zirka 8'000 Jahren von Menschenhand kultiviert. Dank des Weinbaus breitete sich die Weinrebe kontinuierlich aus. Ungefähr 4000 vor Christus gelangte sie vom Irak ins alte Ägypten und von dort erst viel später mit phönizischen und griechischen Seefahrern über den Mittelmeerraum nach Griechenland weiter Richtung Europa (die Herkunft des europäischen Weinstockes soll in Armenien gewesen sein). Etwa 1700 vor Christus kamen sie in Kreta an, von wo aus sie zwischen dem siebten und sechsten Jahrhundert vor Christus von griechischen Kolonisten nach Gallien gebracht wurden. Minoer, Babylonier und Römer waren bekennende Weintrinker und auch die Germanen kamen durch die Römer auf den Weingeschmack, züchteten schliesslich gegen 50 vor Christus an Mosel und Rhein ihre ersten Trauben. Im Kanton Wallis in der Schweiz wurden schon zwischen 800 und 600 vor Christus erste Weinreben kultiviert, wie nachgewiesen werden konnte. In Nordamerika begann man damit erst um 1850.

 

Dass jedoch nicht nur der Traubensaft und Wein, sondern auch die Weinblätter köstlich schmecken (frisch säuerlich), fand man weltweit ebenso bald heraus. Auch die medizinische Anwendung von Traubenkernen und Weinlaub ist seit der Antike belegt (heute sind in der Medizin vor allem die roten Weinblätter sehr beliebt). Die ältesten Nachweise von Weinblättern bei menschlichen Siedlungen stammen aus Bilzlingsleben, einer aussergewöhnlichen archäologischen und paläoanthropologischen Fundstelle des Homo Erectus in Thüringen im mittelöstlichen Deutschland. Sie werden auf 350'000 Jahre zurückdatiert. Die Blätter sollen zum Beispiel bei Kopfschmerzen, Entzündungen allgemein, brennenden Magenbeschwerden, Gelenkerkrankungen und Wundblutfluss wirken.

Im Mittelalter und später nannte man den gepressten Saft aus unreifen oder kurz vor der Reife stehenden Weintrauben Agresta. Gekühlt und mit roher Milch vermischt wurde Agresta gerne zur Abkühlung und Erfrischung an heissen Tagen getrunken.

Kleiner Exkurs in die Weinwelt

Wein entsteht durch Gärung von frisch gestampftem oder gepresstem Fruchtsaft der Trauben (Most oder Maische). Der im Traubensaft enthaltene Fruchtzucker wird durch natürlich vorkommende Hefebakterien in Alkohol umgewandelt. Hefen kommen in der Natur praktisch überall vor und sie gedeihen dort, wo Kohlenhydrate wie z. B. Stärke und Zucker vorhanden sind. Deshalb gären Trauben von selbst und so ist die Entstehung von  Wein von Natur aus vorgegeben. Die Weinherstellung wird Vinifikation bzw. Vinifizierung genannt und beschreibt die Veredelung von Weintrauben in ein komplex aromatisches, alkoholisches Getränk – heute mehr Genussmittel als Alltagsgetränk oder gar (rituelles) Rauschmittel wie zum Beispiel zu Zeiten der alten Ägypter, Griechen und Römer (neben Wein galt vor allem auch Bier als Grundgetränk der Bevölkerung). Der griechische Kult für den Weingott Dionysos beispielsweise ist untrennbar mit der Ausbreitung der Weinkultur im alten Griechenland verbunden. Generell gilt der Wein zur antiken Zeit als Getränk für Götter und Menschen.

Das lateinische Sprichwort «in vino veritas», zu Deutsch «im Wein liegt die Wahrheit», wurde im fünfzehnten Jahrhundert von Erasmus von Rotterdam hervorgebracht. Demnach soll der Berauschte gar nicht anders können als die Wahrheit auszusprechen. Der römische Historiker und Senator Tacitus beschrieb, wie sich die Germanen bei Ratssitzungen stets betranken, weil sie fest daran glaubten, dass niemand in der Lage sein kann zu lügen, wenn er betrunken ist. Ähnliche Sprichwörter gibt es auch in anderen Kulturen, hier eine übersetzte Auswahl:

  • Auf Persisch: «Bist du betrunken, sagst du die Wahrheit.»

  • Auf Russisch: «Was der Nüchterne denkt, das plaudert der Betrunkene aus.»

  • Auf Chinesisch: «Nach dem Wein folgt die wahre Rede.»

  • Im Babylonischen Talmud: «Rein kommt der Wein, raus kommt ein Geheimnis.»

Häufig wurde die Redensart «in vino veritas» zusammen mit «in aqua sanitas» verwendet, was «im Wasser liegt die Gesundheit» heisst. 

Gattung: Weintrauben I Weinbeeren I Weinrebe

Synonyme: Echte, Edle oder Europäische Weinrebe 
Lateinischer Name: Vitis vinifera

Pflanzenfamilie: Weinrebengewächse (Vitaceae)
Anzahl bekannter Rebsorten: rund 16'000 grüne, gelbe («weisse»), rotviolette bis dunkelblaue («rote»)

Habitus: sommergrüne Pflanze I holziger Stamm und verholzte mehrjährige Äste I bildet ausdauernde kletternde Lianen mit seitlich abgedrängten Sprossranken I aus den Blätterachseln hervorgehende Kurztriebe (Geizen) I wechselständig und zweizeilig angeordnete Laubblätter I rundlich-herzförmige Blätter, an der Oberseite kahl und und an der Unterseite filzig oder spinnwebig behaart I Blätter können gezähnt sein I radiärsymmetrische, vier- oder fünfblättrige, selten bis siebenblättrige, zwittrige oder eingeschlechtige, grünliche Blüten I saftig-süsse, weich-glitschige Beeren mit Samen I Beerensamen enthalten zirka 10% Öl (Traubenkernöl)

Alter: 300 Jahre und älter

Hauptblütezeit: Mai bis Juni oder Juli

Standort: sehr anspruchsvolle Pflanze, braucht ihrer Sorte entsprechend das richtige milde (Mikro-)Klima, um zu gedeihen I Sonnenanbeterin I liebt südlich ausgerichtete, vollsonnige, windgeschützte und gleichzeitig gut luftzirkulierende Orte, am liebsten Hänge mit wenig, jedoch hinreichend Niederschlägen I nicht zu steinige, kalkhaltige, sondern lockere bzw. durchlässige, warme und nährstoffreiche Böden, kommt aber auch auf Kies-, Gesteins- und Sandböden zurecht I Staunässe wegen Pilzkrankheiten unbedingt vermeiden I Temperaturen unter -15 Grad und Spätfröste behagen ihr gar nicht

Besonderheit: Tief- bzw. Pfahlwurzler, d. h. Hauptwurzel wächst bis 15 Meter vertikal in den Boden I Rank- bzw. Kletterpflanze I Selbstbefruchter I viele (meist Tafel-)Sorten gedeihen auch bei schlechteren Bedingungen, solange sie geschützt in Spalierhaltung herangezogen werden und nach Süden, Südosten oder Südwesten ausgerichtet sind

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